„III. Weg“ Berlin gründete sich im AfD-Restaurant

Das Restaurant „Mittelpunkt der Erde“ im brandenburgischen Hönow ist vor allem als regelmäßiger Treffpunkt der AfD bekannt. An zahlreichen AfD-Parteiveranstaltungen nahmen wiederholt bekannte Neonazis teil. Doch eine unmittelbare Unterstützung für Neonazigruppen aus der Region konnte bisher nicht nachgewiesen werden. Nun zeigen Recherchen vom „Antifaschistischen Monitor Berlin“, dass die Gründung des Berliner Ablegers der Neonazi-Partei „Der III. Weg“ im AfD-Restaurant in Hönow stattfand.

Der „III. Weg“ im „Mittelpunkt der Erde“

Laut eigenen Aussagen gründete sich der Berliner Stützpunkt vom „III. Weg“ am 29.03.2015. Die Bilder der Veranstaltung wirken sehr offensiv. Fahnen und Banner mit dem Parteilogo werden offen zur Schau gestellt. Probleme scheinen die Neonazis nicht zu befürchten. Nach Recherchen vom „Antifaschistischen Monitor Berlin“ fand die Gründung in den Räumen vom „Mittelpunkt der Erde“ statt.
Das Hönower Restaurant liegt nur wenige Dutzend Meter hinter der Berliner Stadtgrenze und war im Jahr 2015 noch nicht als Treffpunkt der extremen Rechten bekannt. Ab 2017 wurde es ein wichtiger Ort für die Berliner AfD und dessen völkischen Parteiflügel bundesweit. Anscheinend gibt es im „Mittelpunkt der Erde“ eine lange Tradition der Unterstützung für extrem rechte Organisationen, die auch offen neonazistische Kräfte einschließt.

Der „III. Weg“ in Berlin

Die Gründung des Stützpunkts vom „III. Weg“ in Berlin erfolgte rund zwei Jahre nach der Gründung der Neonazipartei. Die Wahl eines Restaurants in Hönow für diesen Anlass ist wenig verwunderlich. So traten bereits damals einige Neonaziaktivist:innen aus dem nah gelegenen Marzahn-Hellersdorf offen für den „III. Weg“ in Berlin auf. Es kann angenommen werden, dass sie auch bei der Parteigründung den Kern der neuen Struktur bildeten. [1] Neonazis, wie Franziska Grunhold und Kai Schuster, waren Jahre zuvor aktiver Teil der rassistischen Mobilisierungen gegen den Bau von Geflüchteten-Unterkünften im Ostberliner Randbezirk. Sie füllten mit der Gründung des „III. Weg“ in der Region das organisatorische Vakuum, das der Zusammenbruch des NPD-Kreisverbandes Marzahn-Hellersdorf nach der „Porno-Affäre“ [2] und das Verbot der Kameradschaft „Frontbann 24“ [3] hinterlassen hatten. Im Gegensatz zu den zuvor bestehenden informellen Neonazi-Strukturen, wie der „Bürgerbewegung Hellersdorf“, [4] bot der „III. Weg“ als Partei mehr politische Möglichkeiten für eine dauerhafte extrem rechte Mobilisierung im Osten Berlins. In diesem Rahmen entfaltete der „III. Weg“-Stützpunkt in Berlin im Gründungsjahr zahlreiche Aktivitäten. Darunter zählen einige Informationsveranstaltungen, Flyerverteilaktionen, Hilfsaktionen für „deutsche Obdachlose“ und ein eigenes Rechtsrockkonzert (u. a. mit Michael „Lunikoff“ Regener). [5] Allerdings ist nicht bekannt, ob von diesen Aktivitäten noch weitere im „Mittelpunkt der Erde“ stattgefunden haben. Zum damaligen Zeitpunkt blieb die Partei in ihrer Strahlkraft auf die Berliner Neonaziszene noch vergleichsweise „bedeutungslos“, [6] was sich erst in den vergangenen dreieinhalb Jahren massiv änderte.

Der „Mittelpunkt der Erde“ als Treffpunkt der extremen Rechten

Während die Gründung vom „III. Weg“ im „Mittelpunkt der Erde“ im März 2015 noch weitestgehend unbeachtet blieb, etablierte sich das Restaurant ab 2017 als dauerhafter Treffpunkt der extremen Rechten. Neben zahlreichen Informationsabenden und Parteiversammlungen der AfD fand am 09.09.2017 ein öffentlicher „Wahlkampftag“ der AfD Marzahn-Hellersdorf mit Björn Höcke in der Lokalität statt. [7] Neben Vertreter:innen des bezirklichen AfD-Parteiverbandes nahmen Akteur:innen unterschiedlicher Strömungen der extremen Rechten aus dem gesamten Bundesgebiet daran teil. Unter den Gästen waren der damalige AfD-Rechtsaußen Andreas Kalbitz, Siegfried Däbritz von PEGIDA, Manfred Rouhs von „Pro Deutschland“ sowie die Neonazis Lars Niendorf und René Uttke aus Marzahn-Hellersdorf und Tilo Paulenz auf Neukölln. Letzterer gilt neben Sebastian Thom als einer der Hauptverantwortlichen für die neonazistischen Anschläge vom „Neukölln Komplex“.
Seitdem haben unzählige weitere rechte Veranstaltungen im „Mittelpunkt der Erde“ stattgefunden. Allein Björn Höcke war bisher mindestens zwei weitere Male in Hönow, am 11.09.2020 sowie am 10.10.2022 zur Gründung des „Idearium“-Netzwerks, der Nachfolgestruktur vom aufgelösten völkischen „Flügel“ der AfD. [8] Es gab Veranstaltungen mit Götz Kubitschek und Erik Lehnert vom neofaschistischen „Institut für Staatspolitik“ [9] und mehrere Abende, die vom rechten COMPACT-Magazin um Jürgen Elsässer ausgerichtet wurden. [10] Auch zwei Rechtsrockkonzerte haben unter dem Deckmantel der AfD bereits im „Mittelpunkt der Erde“ stattgefunden. [11] Zuletzt veranstaltete die „Junge Alternative Brandenburg“ am 29.12.2023 zusammen mit dem Neonazi-Label „Sub:version Productions“ aus Südbrandenburg eine Jahresabschlussparty. [12] An dem Rechtsrockkonzert mit „Sacha Korn“, „Andy Habermann“ und „Julia Juls“ nahmen auch mehrere Personen aus dem Umfeld vom „III. Weg“ teil, u.a. Kai Milde, René Uttke und „Unbekannt 12“. [13]

AfD und „III. Weg“ vereint im „Mittelpunkt der Erde“

Laut der offiziellen Verlautbarungen der Parteien distanzieren sich der „III. Weg“ und die AfD voneinander. Doch Orte wie der „Mittelpunkt der Erde“ in Hönow zeigen, dass es lokal durchaus vielfältige Schnittpunkte der beiden Parteien geben kann. Sie nutzen dieselben Lokalitäten und besuchen sich sogar teilweise bei Veranstaltungen. In Marzahn-Hellersdorf nahmen Vertreter:innen beider Parteien an den gleichen Demonstrationen teil, um für sich zu werben. So besuchten AfD und „III. Weg“ 2022 die verschwörungsideologischen Montagsspaziergänge im Bezirk. Aus diesen punktuellen Überschneidungen kann jedoch keine unmittelbare Zusammenarbeit abgeleitet werden. Vielmehr bespielen beide Parteien teilweise ähnliche Themenfelder, sodass es im engen lokalen Kontext zwangsläufig zu Kontakten kommt. Hier zeigt sich vor allem die fehlende Abgrenzung der Marzahn-Hellersdorfer AfD gegenüber militanten neonazistischen Kräften. So wird sich der AfD-Bezirksverband in Zukunft wohl auch weiter am Gründungsort vom „III. Weg“ in Berlin treffen. Zugleich belegen die Recherchen die lange Kontinuität extrem rechter Veranstaltungen im „Mittelpunkt der Erde“. Das Restaurant hat eben nicht nur rechtsoffene Betreiber:innen, sondern muss im Lichte der neuen Erkenntnisse als astreine Neonazi-Lokalität benannt werden.

Artikel mit allen Fotos auf: https://monitorberlin.blackblogs.org/2024/02/14/iii-weg-berlin-gruendete-sich-im-afd-restaurant/

[1] https://antifa-berlin.info/recherche/1096-der-iii-weg-in-berlin—eine-einschtzung
[2] https://taz.de/Chaos-bei-Rechtsextremen/!5166469/
[3] http://de.indymedia.org/2009/11/264882.shtml
[4] https://linksunten.archive.indymedia.org/node/108572/
[5] https://kleineanfragen.de/berlin/17/16753-wie-gefaehrlich-ist-der-iii-weg-in-berlin.txt
[6] https://rechtsaussen.berlin/2015/09/iii-weg-in-berlin-bedeutungslos/
[7] https://www.flickr.com/photos/144260666@N08/albums/72157685796303441
[8] https://www.flickr.com/photos/156669795@N08/albums/72177720304064466/
[9] https://antifa-berlin.info/news/1750-kundgebung-gegen-afd-veranstaltung-mit-gtz-kubitschek-im-restaurant-mittelpunkt-der-erde
[10] https://keinraumderafd.info/2022/03/11/fotos-bericht-afd-veranstaltung-am-10-maerz-2022-im-mittelpunkt-der-erde/
[11] https://monitorberlin.blackblogs.org/2021/11/07/brandenburger-afd-organisiert-extrem-rechtes-konzert/
[12] https://monitorberlin.blackblogs.org/2023/12/31/neonazis-und-identitaere-beim-afd-rechtsrockkonzert/
[13] https://de.indymedia.org/sites/default/files/2023/12/97119.png

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